Der Zeitpunkt


ZeitpunktPressearbeitOstwestfalen

Wir leben in einer zunehmend schnelllebigen Zeit. Erinnern Sie sich noch, was Sie vor einer Woche in der Zeitung gelesen haben? Welche Schlagzeilen vor einem Monat die Nachrichten dominierten? Seien wir ehrlich: Die meisten von uns gehen in den Keller und haben mit ihrer Ankunft vergessen, warum sie sich vor 30 Sekunden überhaupt auf den Weg gemacht haben.

Bei der PR-Arbeit kommt es glücklicherweise auf 30 Sekunden mehr oder weniger meistens nicht an. Dennoch ist gutes und gezieltes Timing bei Ihren Kommunikationsmaßnahmen sehr wichtig, um den bestmöglich Effekt zu erzielen. Bespielen Sie die Kanäle in zu großem zeitlichen Abstand oder zum falschen Zeitpunkt, verpufft der Effekt, den die Veröffentlichungen haben sollen.

Tipp: Wenn Sie eine Veröffentlichung in einer Tageszeitung anstreben und dabei nicht an einen bestimmten Termin gebunden sind, versuchen Sie Ihre Mitteilung in die Wochenendausgabe zu bekommen. Diese Ausgaben werden erfahrungsgemäß viel ausführlicher gelesen, als die Wochentagsexemplare.

Hier können Sie, je nachdem, was Sie beabsichtigen, zwei Strategien verfolgen. Entweder, Sie versuchen alle Maßnahmen zu synchronisieren, oder Sie lassen Ihre Maßnahmen in kurzen zeitlichen Abständen aufeinander folgen. Im Folgenden skizziere ich kurz, ich welchen Fällen das jeweilige Vorgehen sinnvoll sein kann.

 

Zeitpunkt der Veröffentlichungen: Getaktet oder Synchronisiert ?

Angenommen, Sie betreiben ein Geschäft, haben vor kurzem eröffnet und möchten nun die Bürger in Ihrer Stadt auf sich aufmerksam machen. In dem Fall sollten Sie Ihre Kommunikation so ausrichten, dass Sie die Rezipienten zur gleichen Zeit über mehrere Kanäle erreichen. Oft ist es nicht der erste, sondern der zweite oder dritte Kontakt, der am Ende erfolgreich ist. Außerdem haben die Kanäle unterschiedliche Wirkungen auf den Empfänger. Ein potenzieller Kunde könnte über ein Plakat erstmals auf Ihr Geschäft aufmerksam werden, aber der tatsächliche Besuch wird erst ausgelöst, als er direkt nach dem Erstkontakt auch in der vertrauten regionalen Tageszeitung von Ihnen liest. Nicht zuletzt auch aus diesem Grund ist ein crossmedialer Ansatz bei Ihrer externen Kommunikation immer ratsam.

Wenn wir aber davon ausgehen, dass Ihr Geschäft bereits seit langem existiert und den meisten potenziellen Kunden bereits bekannt ist, ist es eher vorteilhaft, sie in regelmäßigen, nicht zu langen Abständen an Sie und Ihre Leistungen zu erinnern. Dies hängt auch davon ab, welche Art der Kommunikation gewählt wurde. So können regelmäßige Newsletter an die Bestandskunden verschickt werden. Ich möchte Ihnen aber auch ein Beispiel anhand einer Aktion geben, die aus rechtlichen Gründen nicht umgesetzt wurde.

 

Beispiel: Wohlschmeckende Fallschirmjäger

Der Betreiber eines Tee-Geschäfts bat mich um ein Konzept für eine Marketing-Aktion, die seinen Laden im Kreis bekannter machen würde. Zwar ist der Familienbetrieb seit mehreren Jahrzehnten in der Stadt ansässig und der einzige, der sich dort auf den Verkauf von Tee spezialisiert hat. Trotzdem bekommt er von neuen Kunden regelmäßig die Rückmeldung, dass sie schon lange herkommen würden, wenn sie von der Existenz des Geschäftes gewusst hätten.

Das von mir entwickelte Konzept sah vor, an einem sonnigen Tag über dem gesamten Stadtgebiet etwa 5.000 bis 10.000 Teebeutel abzuwerfen, die vorher an kleinen Fallschirmen befestigt wurden. Da sich eine solche Aktion nicht genehmigen lässt, hätte der Betreiber des Tee-Geschäfts neben dem generellen Aufwand eine Geldbuße sowie die Reinigungskosten einkalkulieren müssen. Die zu erwartenden Kosten stellten letztendlich das Ausschlusskriterium da.

Auch wenn der Abwurf der Teebeutel nie stattfand, lässt sich hieran gut erklären, warum eine zeitlich versetzte Kommunikation bei einer solchen Aktion besser wäre.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem sonnigen Nachmittag im Garten oder auf dem Balkon und stellen plötzlich fest, dass kleine Fallschirme vom Himmel fallen. Allein der Fakt, dass sich Ihnen ein solches Bild selten bietet, garantiert mir als Kommunikator schon, dass ich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Ihre Aufmerksamkeit gewonnen habe. Des weiteren ist es wahrscheinlich, dass Sie Freunden oder Verwandten von der außergewöhnlichen Begegnung mit den Teebeuteln erzählen. Es wird sicher auch der ein oder andere Multiplikator dabei sein, dem ein Fallschirm in den Schoß fällt.

Sie führen die Aktion durch und dokumentieren sie, ohne dass Sie irgendjemandem vorher davon erzählen. Erst am nächsten Morgen, wenn bestenfalls bereits von der Aktion berichtet wird, kontaktieren Sie die lokalen und regionalen Zeitungen. Dort erzählen Sie Ihre Geschichte, wie es dazu kam und lassen beiläufig fallen, dass Sie den besten Tee der Stadt anbieten. Einen weiteren Tag später kontaktieren Sie das regionale Fernsehen und bieten Ihnen exklusiv Videomaterial an, dass Sie von der Herstellung der Fallschirme bis zum Abwurf gedreht haben. Angereichert mit einem Interview in Ihrem Teegeschäft, zu dem Sie im Zuge dessen herzlich eingeladen haben, lässt sich daraus ganz schnell ein 90- bis 120-Sekunden-Beitrag drehen, der über einen reichweitenstarken Kanal für Sie verbreitet wird.

Wie gesagt, durch rechtliche Barrikaden hat sich diese Idee leider nie materialisiert. Ich bin dennoch absolut überzeugt davon, dass der Überraschungseffekt einer solchen Aktion zu einem großen Medienecho in einer Kleinstadt geführt hätte.

Wenn Sie alle Medien schon im Vorfeld informieren, sodass alle schon am Tag danach berichten, dass Sie es waren, rauben Sie der Aktion einen großen Teil der gewünschten Wirkung. Erst wenn die Zeitungen und deren Leser sich fragen, was da passiert ist und wer überhaupt dafür verantwortlich ist, zeigen Sie sich. Wenn Sie diese Frage beantworten bevor Sie gestellt wird, machen Sie sich weniger interessant.

Der richtige Zeitpunkt hängt also von mehreren Faktoren ab. Sie müssen individuell entscheiden, welche Variante in Ihrem Fall sinnvoller ist.